Zwickt die Hüfte? – Femoroazetabuläres Impingement Syndrom – Teil 1

Beim Femoroazetabulären Impingement (FAI) Syndrom handelt es sich um eine bewegungsinduzierte Störung des Hüftgelenks bei der es zu einem vorzeitigen Kontakt zwischen dem Oberschenkelhals/-kopf und der Gelenkspfanne der Hüfte kommt. Dieser kann zu Schmerzen in der Hüfte und Leiste führen. Die Diagnose eines FAI-Syndroms erfordert das Vorhandensein einer Triade aus Symptomen, klinischen Zeichen und auffälliger Bildgebung (1,2). Im Laufe der Zeit kann der Zusammenstoß zwischen Hüftpfanne und Hüftkopf zu degenerativen Veränderungen und potentiell langfristig zu Hüftarthrose führen (3).

Anatomie

Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk und hat somit mehre Freiheitsgrade. Es besteht aus Hüftgelenkspfanne (Acetabulum) und Hüftkopf (caput femoris). Um die Kongruenz der Gelenksfläche zu erweitern und dem Gelenk Stabilität zu bieten, ist der Rand des Acetabulums mit einem faserknorpeligen Ring verstärkt (Labrum acetabuli). 

Abbildung 1 – Anatomie der Hüfte
Quelle: https://gelenk-klinik.de/orthopaedie-glossar/acetabulum.html, 26.04.2024

Pathophysiologie

FAI Syndrom kann aufgrund von drei morphologische Kategorien entstehen: Cam, Pincer und eine Kombination aus beiden. Diese strukturellen Veränderungen sind oftmals auch bei asymptomatischen Personen zu finden und reicht somit alleinig nicht aus um eine FAI-Syndrom Diagnose zu stellen (2).

  • Cam Morphologie

Das Cam Impingement tritt typischerweise bei jungen Männern im alter zwischen 20 und 30 auf. Bei dieser Form verliert der Hüftkopf seine normale Kontur, was während der Hüftbeugung zu starken Scherkräften am Labrum und am Knorpel der Hüftpfanne führt. Im Laufe der Zeit können diese Scherkräfte zur Ablösung des Labrums und des Knorpelgewebes führen (4). 

  • Pincer Morphologie

Im Gegensatz zur Cam Morphologie tritt die Pincer Morphologie am häufigsten bei Frauen zwischen 30 und 40 auf. Beim Pincer Impingement handelt es sich um eine zu stark ausgeprägte Überdachung des Femurkopfes. Durch das Vergrößerte Hüftpfannendach kommt es bei der Innenrotation und Beugung des Oberschenkels zu einer Quetschung des Labrums. Das wiederholte Aufprallen des Acetabulums am Oberschenkelhals kann zur Verknöcherung des Labrums führen (4).

  • Kombination

Die am häufigsten aufzufindende Morphologie ist eine Kombination aus Cam und Pincer. Ungefähr 72% aller Patienten, welche mit FAI-Syndrom diagnostiziert wurden weisen eine Kombination der beiden Morphologien auf. 

Angesichts der Vielzahl asymptomatischer Fälle wird vermutet, dass auch andere Strukturen eine Rolle bei der Entstehung des Femoroazetabulären Impingements spielen könnten. Es wird beispielsweise angenommen, dass eine Schwäche der tiefen Hüftmuskulatur ebenfalls von Bedeutung sein könnte (5).

Abbildung 2 – Morphologische Veränderungen
Quelle: https://www.korumburrappc.com/blog/femoroacetabular-impingement-fai, 03.05.2024

Physische Untersuchung

Die körperliche Untersuchung beinhaltet meistens eine Beurteilung des Gangbildes des Patienten, funktionelle Tests wie einen Einbeinstand und eine direkten Palpation des schmerzhaften Bereichs. Oft weisen Personen mit FAI-Syndrom Defizite in der Hüftkraft und der Propriozeption im Einbeinstand auf (6). Beweglichkeitstests können nützlich sein, um Hüftpathologien zu unterscheiden. Häufig löst eine endgradige Beugung der Hüfte Schmerzen aus. Der Flexions-Adduktions-Innenrotationstest (FADIR) wird von vielen Therapeuten verwendet um FAI-Syndrom zu diagnostizieren, obwohl die wissenschaftliche Evidenz dazu noch fehlt (7). Deshalb sollte dieser Test auch niemals alleinig verwendet werden für die klinische Diagnose eines FAI-Syndroms (8).

Symptome

Patienten berichten häufig einen schleichenden Beginn von milden und episodischen chronischen Schmerzen und Funktionsstörungen ohne Trauma. Symptome treten oftmals bei längeren Sitzphasen oder beim Aufstehen aus einer sitzenden Position auf. Das Hauptsymptom eines FAI-Syndroms ist eine spezifische Bewegung oder Position, die Hüft- oder Leistenschmerzen auslöst. Patienten berichten auch über Klicken, Einrasten, Blockieren, Steifheit, eingeschränkten Bewegungsumfang oder ein Nachgeben der Hüfte. Ein so genanntes „C-Zeichen“ wird häufig von Patienten gezeigt, wenn sie ihre Hand um die Hüfte geben, um den Schmerzort von vorne nach seitlich zu beschreiben, und dabei eine „C“-Form bilden (8).

Behandlungsmöglichkeiten

Das FAI-Syndrom kann sowohl konservativ oder operativ behandelt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt erzielen beide Behandlungsstrategien ähnlich gute Ergebnisse und somit muss individuell entschieden werden, welcher Behandlungsplan gewählt wird. Zu den konservativen Behandlungsmöglichkeiten zählen einerseits die Behandlung mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) und die Aufklärung über Lifestylemodifikationen als auch die klassische Physiotherapie. In der Therapie liegt der Fokus bei der Verbesserung der Hüftstabilität, der neuromuskulären Kontrolle, der Kraft, dem Bewegungsumfang sowie dem Erlernen von neuen schmerzfreien Bewegungsmustern (2). Die chirurgische Behandlung zielt darauf ab, die morphologischen Veränderungen zu korrigieren und die zugrunde liegenden Weichteilverletzungen zu behandeln.  Die Korrektur ermöglicht Personen wieder einen vollen schmerzfreien Bewegungsumfang zu erreichen (8).

Prognose

Bei Personen, die unter FAI-Syndrom leiden, verbessern sich die Symptome häufig und sie können ungestört ihren Alltag bestreiten oder ihrer Sportart wieder nachgehen. Es wird vermutet, dass ohne angemessener Behandlung sich die Symptome verschlimmern und eventuell sogar mit vorzeitiger Hüftarthrose zusammenhängen. Ob die Behandlung eines FAI-Syndroms Hüftarthrose verhindern kann ist derzeit noch unklar (2). 

Quellen

1.             Wright AA, Tarara DT, Gisselman AS, Dischiavi SL. Do currently prescribed exercises reflect contributing pathomechanics associated with femoroacetabular impingement syndrome? A scoping review. Physical Therapy in Sport. Jänner 2021;47:127–33. 

2.             Griffin DR, Dickenson EJ, O’Donnell J, Agricola R, Awan T, Beck M, u. a. The Warwick Agreement on femoroacetabular impingement syndrome (FAI syndrome): an international consensus statement. Br J Sports Med. Oktober 2016;50(19):1169–76. 

3.             Chaudhry H, Ayeni OR. The Etiology of Femoroacetabular Impingement. Sports Health. März 2014;6(2):157–61. 

4.             Anderson CN, Riley GM, Gold GE, Safran MR. Hip-Femoral Acetabular Impingement. Clinics in Sports Medicine. Juli 2013;32(3):409–25. 

5.             Casartelli NC, Maffiuletti NA, Bizzini M, Kelly BT, Naal FD, Leunig M. The management of symptomatic femoroacetabular impingement: what is the rationale for non-surgical treatment? Br J Sports Med. Mai 2016;50(9):511–2. 

6.             Freke M, Kemp JL, Svege I, Risberg MA, Semciw AI, Crossley KM. Physical impairments in symptomatic femoroacetabular impingement: a systematic review of the evidence. Br J Sports Med. Oktober 2016;50(19):1180–1180. 

7.             Shanmugaraj A, Shell JR, Horner NS, Duong A, Simunovic N, Uchida S, u. a. How Useful Is the Flexion–Adduction–Internal Rotation Test for Diagnosing Femoroacetabular Impingement: A Systematic Review. Clinical Journal of Sport Medicine. Jänner 2020;30(1):76–82. 

8.             Trigg SD, Schroeder JD, Hulsopple C. Femoroacetabular Impingement Syndrome. Curr Sports Med Rep. September 2020;19(9):360–6. 

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