Sprunggelenksverletzungen gehören zu den häufigsten Verletzungen im Fußball – besonders das sogenannte Supinationstrauma trifft Spielerinnen aller Leistungsniveaus regelmäßig.
Warum das Umknicken kein harmloser Zwischenfall ist, welche Strukturen betroffen sind, und wie eine gezielte Physiotherapie den Weg zurück aufs Spielfeld ebnet, erklärt unser Praktikant Jakob Linsbichler in diesem Beitrag.
Supinationstrauma im Fußball [1]
Fußball zählt mit rund 240 Millionen aktiven Spieler*innen weltweit zu den beliebtesten und populärsten Sportarten überhaupt. Aufgrund der intensiven und komplexen Anforderungen – wie Stop-and-Go-Bewegungen, Hochgeschwindigkeitssprints, schnelle Richtungswechsel, Sprünge, Tacklings, Torschüsse sowie das Spielen auf unebenem Untergrund – kommt es im Vergleich zu anderen Ball- und Mannschaftssportarten überdurchschnittlich häufig zu Verletzungen.
Das Sprunggelenk ist dabei besonders gefährdet: Zusammen mit Fußverletzungen macht es etwa ein Drittel aller Verletzungen der unteren Extremität im Fußball aus – sowohl im Hobby- als auch im Profisport.
Verletzungsmechanismus [1,3,4]
- Plantarflexion (Fußstreckung)
- Supination (Einwärtsdrehung)
- Adduktion (Einwärtsbewegung)

Typische Spielsituationen im Fußball, wo genau diese Bewegungsabfolge resultieren kann:
- Schnelle Richtungswechsel
- Abrupte Stopps
- Landungen nach Sprüngen
- Zweikämpfe oder Tacklings
Man unterscheidet zwischen zwei Mechanismen:
1. Contact injuries
Diese entstehen durch direkte Krafteinwirkung, z. B. durch das gegnerische Bein oder den Ball auf die Unterschenkelinnenseite. Wenn der Fuß beim Aufprall belastet und/oder fixiert am Boden steht, kommt es häufiger zu schweren Bandverletzungen.
Laut Woods et al. (2003) sind 59 % der Supinationstraumata bei Feldspieler*innen kontaktbedingt, während bei Torhüter*innen 79 % ohne Gegnerkontakt entstehen.
2. No-contact injuries
Diese treten bei unkontrollierten Eigenbewegungen auf z. B. beim Abstoppen, bei schnellen Richtungswechseln oder beim Landen nach einem Sprung in einer ungünstigen Fußstellung.
Welche Strukturen sind betroffen? [4]
Beim Supinationstrauma kommt es in erster Linie zu einer Überdehnung oder Ruptur folgender Strukturen:
– Ligamentum talofibulare anterius → am häufigsten betroffen (68%)
– Ligamentum fibulocalcaneare
– Ligamentum talofibulare posterius (bei schwereren Traumata)
Zusätzlich können auch die Fibularissehnen überlastet oder geschädigt werden, da sie versuchen, den Fuß aus der Inversion zurück in Neutralstellung zu bringen.

Risikofaktoren [2]
Man unterscheidet zwischen intrinsischen (personenbezogenen) und extrinsischen (umweltbezogenen) Risikofaktoren. Diese können sich gegenseitig beeinflussen und das Verletzungsrisiko erhöhen:
Intrinsische Faktoren:
- Geringe Gelenkbeweglichkeit
- Bandlaxität (Überbeweglichkeit)
- Funktionelle Instabilität
- Frühere Verletzungen
- Unvollständige Rehabilitation
- Verminderte Kraft in der unteren Extremität
Spieler*innen mit vorangegangenem Supinationstrauma haben ein fünfmal höheres Risiko für eine erneute Verletzung als unvorbelastete Spieler*innen.
Extrinsische Faktoren:
- Trainingsbelastung und -intensität
- Platzbeschaffenheit (z. B. unebener Untergrund)
- Rasentyp (Kunstrasen vs. Naturrasen)
- Fouls und gegnerische Einwirkung
- Ungeeignetes Schuhwerk, Taping oder Schienbeinschoner
- Unzureichendes Warm-up / mangelhaftes präventives Training
Symptome
- Schmerzen im Bereich des äußeren Sprunggelenks
- Schwellung, Hämatom, Bewegungseinschränkung
- Instabilitätsgefühl
- Belastungsunfähigkeit/ Belastungsschmerzen

Prävention
- Propriozeptives Training
- Kraft- und Koordinationsübungen
- Taping oder Orthesen bei bekannten Vorschäden
- Sportartspezifisches Aufwärmen
Therapie [1,2]
In der Regel werden Supinationstraumata konservativ und nicht operativ versorgt.
Das Ziel nach einem akuten Supinationstrauma ist es eine chronische Instabilität und Re-Verletzungen zu vermeiden.
80% der Verletzten schaffen eine vollständige Heilung mit konservativen Methoden.
20% entwickeln eine mechanische und funktionelle Instabilität.
In der akuten Phase kann eine kurze Immobilisation (Schiene) Vorteile mit sich bringen wie beispielsweise Reduktion von Schmerzen und Schwellung.
Die Immobilisation sollte jedoch nicht länger als 2 Wochen anhalten, da dies die Heilung negativ beeinflussen könnte.
Weiters wird in der akut Phase das POLICE (Protect, Optimal Loading, Ice, Compression und Elevation) Schema verfolgt.
Das Ziel des POLICE Schemas ist es, die Wundheilung nach einer Verletzung zu unterstützen, die Entzündungsreaktion zu kontrollieren und eine schnelle Rückkehr zur Funktion zu ermöglichen.
- Protect: Sofort nach der Verletzung sollte der betroffene Bereich geschützt werden, um weitere Schäden zu verhindern (Tape, Schiene, Krücken)
- Optimal Loading: eine dosierte, schmerzadaptierte Belastung fördert die Heilung (eine komplette Ruhigstellung ist nur in seltenen Fällen sinnvoll). Hier geht es beispielsweise um kontrollierte Bewegungen im schmerzfreien Bereich, Teilbelastung mit Krücken etc.
- Ice (kühlen): Kühlen hat eine Vasokonstriktion also eine Gefäßverengung zur Folge. Es geht dabei vor allem darum, den Schmerzen zu lindern. Achte hier jedoch darauf nicht durchgehend zu kühlen, sondern lieber in Intervallen.
- Compression: Bandagen können die Ödembildung und weitere Einblutungen in den betroffenen Bereich reduzieren. Dies ist vor allem sofort nach der Verletzung sinnvoll.
- Elevation: Das Hochlagern über Herzniveau hilft dabei die Schwellung zu reduzieren.
Wichtig: Eine Entzündung nach einer Verletzung ist ganz normal und sogar gewollt. Deswegen wird die akut Phase auch Entzündungsphase genannt.
Schwellungen und Schmerzen sind also ganz normal. Mit Hilfe des POLICE Schemas wird versucht die Wundheilung positiv zu beeinflussen und überschießende Entzündungsreaktionen zu verhindern.
Die Rehabilitation sollte in spezifische Phasen unterteilt werden:
- Akute Phase: Schmerz- und Schwellungskontrolle
- Subakute Phase: Verbesserung des Bewegungsumfangs und gezielte Muskelkräftigung
- Funktions-Phase: Wiederherstellung von sportartspezifischen Bewegungsabläufen
- Return to Sport Phase: Eingliederung
- Prophylaktische Maßnahmen: Übungen zur Förderung von Gleichgewicht und Propriozeption. Bei erfolgreichem return to play/competition ist ein fortlaufendes propriozeptives Training entscheidend, um Rückfälle zu vermeiden.
Quellen:
- Walls, R. J., Ross, K. A., Fraser, E. J., Hodgkins, C. W., Smyth, N. A., Egan, C. J., Calder, J., & Kennedy, J. G. (2016). Football injuries of the ankle: A review of injury mechanisms, diagnosis and management. World journal of orthopedics, 7(1), 8–19. https://doi.org/10.5312/wjo.v7.i1.8
- Nery, C., Raduan, F., & Baumfeld, D. (2016). Foot and Ankle Injuries in Professional Soccer Players. Foot and Ankle Clinics, 21(2), 391–403. doi:10.1016/j.fcl.2016.01.009
- Woods, C. (2003). The Football Association Medical Research Programme: an audit of injuries in professional football: an analysis of ankle sprains. British Journal of Sports Medicine, 37(>3), 233–238
- Fong, D.T., Chan, YY., Mok, KM. et al. Understanding acute ankle ligamentous sprain injury in sports.BMC Sports Sci Med Rehabil 1, 14 (2009). https://doi.org/10.1186/1758-2555-1-14